Wie lebte es sich eigentlich als Punk in der DDR?
Das Frierock Kollektiv präsentierte am Freitag 3. Juni 2022 in der evangelischen Kirche Friesack die multimediale Zeitzeugenlesung „Untergrund war Strategie. Punk in der DDR: Zwischen Rebellion und Repression“ von und mit dem Autor Geralf Prochop.
Als Verfolgter der Staatssicherheit und politischer Gefangener in der DDR berichtete Geralf Prochop über die Repressionen gegen widerstandsfähige Jugendliche in der DDR-Diktatur.
Mit einer Performance aus Erzählung, Lesung, Bildspots, Leidenschaft, Ton-Dokumenten, Präsentation von Original-Utensilien und Stasiakten sowie einem Live-Musiker präsentierte er die „intensivste Zeit“ seines Lebens als Punk in der DDR.
In seinem Buch „Untergrund war Strategie. Punk in der DDR: Zwischen Rebellion und Repression“ hat er diese Erlebnisse festgehalten:
„Die Rolle als vermeintliche Feinde hatten wir Punks angenommen. Der Staat hatte uns über etliche Jahre wegen unseres Musikgeschmacks und unseres Äußeren wie Feinde behandelt. Diese Rolle hatten wir angenommen. Wir hatten uns stark politisiert und nutzten unsere schwer erkämpften Freiräume nicht mehr nur, um unser Lebensgefühl auszukosten, sondern bauten ein Netz aus komplett autonomen Strukturen auf. Wir fanden Wege, den Wehrdienst zu verweigern, unsere Meinung auch öffentlich zu sagen, und wir redeten, wie uns der Schnabel gewachsen war. Wir gingen nicht zur Wahl, weil wir diese nicht als solche anerkannten. Unserer Kompromisslosigkeit hatte der Staat nichts entgegenzusetzen.“
„Punk war das Beste, was uns in der DDR passieren konnte. Wir wurden diskriminiert, gejagt und willkürlich weggesperrt, trotzdem waren wir freier als alle anderen. Es war die intensivste Zeit meines Lebens“ so Pochop.
Frierock Kollektiv „Unter anderem waren ja Kirchen die Freiräume und Gedankenschmieden der Widerständler:innen in der DDR. Wir organisierten damals erstmalig mit der evangelischen Kirchengemeinde Friesack diese Lesung zusammen, das passte konzeptionell super – im einstigen `Freiraum´ dieses kulturhistorische Event stattfinden zu lassen. Auch für uns sehr spannend – die Atmosphäre im beindruckenden Kirchenschiffs und die vielen Gespräche der weit angereisten Alt-Punks lassen uns grübeln ein zweites Event stattfinden zu lassen. Schauen wir mal. An der Stelle möchten wir uns nochmal bei Pfarrer Gerbeth für die unkomplizierte Zusammenarbeit bedanken.“
Dies war ein Projekt des Frierock Festivals (Initiative AWO OV) und dem Autor Geralf Prochop in Kooperation mit der Kirchengemeinde zu Friesack und Partnerschaft für Demokratie Westhavelland & Nauen.